Das Neðstikaupstaður

Das Neðstikaupstaður

Als die dänischen Monopolkaufleute Anfang des 17. Jahrhunderts zur Sandbank Eyri im Skutulsfjörður, dem heutigen Zentrum von Ísafjörður, kamen, bauten sie dort die ersten Häuser, vermutlich ein Holzhaus und Hütten aus Torf und Stein. Das älteste noch bestehende Haus, das Krambúð aus dem Jahre 1757, ist schon deutlich jünger. Es schien wohl nicht notwendig, besonders solide Bauwerke für die Kaufleute zu errichten, da sie in der Regel im Frühjahr ankamen und im Herbst wieder nach Dänemark abfuhren. Es wurde von der Obrigkeit nicht gern gesehen, wenn sie überwinterten, da man fürchtete, ihre Anwesenheit könnte die Bevölkerung zu Trunksucht und Verschwendung verführen. Aber auch für die Kaufleute selbst war das isländische Winterquartier nicht ganz ungefährlich. Zumindest von einem Adrian Jensen Munch ist bekannt, dass er von vier Einheimischen ermordet wurde, weil er ihnen keinen Tabak verkaufen wollte.

 Erst als 1764 die Allgemeine Handelsgesellschaft (Almenna Verslunarfélagið) den Islandhandel übernahm, blieben in allen Häfen der Westfjorde und in Eyrarbakki an der Südküste einige Kaufleute auch über den Winter. Ausschlaggebend war, dass die Gesellschaft begonnen hatte, den Isländern die Herstellung von Salzfisch beizubringen, der in weiten Teilen Europas zu einer gefragten Ware geworden war. Die Westfjorde schienen sich dazu aufgrund der Nähe zu reichen Fischgründen und des Klimas besonders anzubieten. Nun musste dem Geschäftsführer (Faktor) eine entsprechende Unterkunft zur Verfügung gestellt werden, wenn er hier das ganze Jahr überdauern sollte. 1765 wurde deshalb das sogenannte Faktorshús gebaut, das bis heute als Wohnhaus genutzt wird. Um 1900 existierten in Neðstikaupstaður wohl noch rund zehn Gebäude. Außer dem Krambúð und dem Faktorshús stehen davon noch das Tjöruhús von 1781 und das Turnhús von 1784, die als Lagerhäuser gebaut worden waren.

 1787, nach der Aufhebung des dänischen Handelsmonopols, übernahm die Gesellschaft dänischer Kaufleute aus Altona den Handel, die sich aber nur bis 1793 hielt. Ihre Nachfolger waren ausdauernder, wie es überhaupt charakteristisch für Neðstikaupstaður ist, dass die Kaufleute dort meist lange erfolgreich wirkten. Großkaufmann Matthias Wilhelm Sass und seine Nachkommen zum Beispiel hatten 59 Jahre lang, von 1824 bis 1883, hier ihr Geschäft, das dadurch bekannt wurde, dass es 1868 die erste Landungsbrücke für Hochseeschiffe in Island baute.

 Nachdem Sass 1883 an Ásgeir G. Ásgeirsson verkauft hatte, wurde Neðstikaupstaður zum Schauplatz der umfangreichsten privaten Geschäftstätigkeit in Island. Doch 1926 ging der Nachfolgebetrieb Vereinigte Geschäfte (Hinar sameinuðu verslanir), der 1918 die Handelsfirma Ásgeir übernommen hatte, in Konkurs, und damit endete auch die Geschichte des Handels in Neðstikaupstaður.

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